Es fehlt der Wille zu Reformen

Zwischen Versprechen und Versäumnis (Bild: KI-generiert)

Der neue Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist da – mit großem Anspruch und viel Pathos. „Verantwortung für Deutschland“ steht drüber. Was drinsteht, wirkt in Teilen pragmatisch, an anderen Stellen bemüht modern, und an einigen leider völlig aus der Zeit gefallen.

Gerade wenn man sich mit ländlichen Räumen, dem Ehrenamt und neuen Arbeitsformen wie Coworking beschäftigt, wird deutlich: Diese Koalition denkt vieles mit, aber sie denkt wenig konsequent zu Ende.


Ländliche Räume ohne Zukunftsbild

Ländliche Räume kommen im Vertrag vor – das ist erstmal gut. Gleichwertige Lebensverhältnisse, Strukturförderung, Modellprojekte für „Dörfer der Zukunft“ – alles wichtige Punkte. Aber: Es wirkt wie ein Wiederaufguss alter Programme mit neuen Etiketten. Viel Förderung, wenig Veränderungswille.

Es fehlt die Perspektive, was ländliche Räume in Zeiten des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels sein können: Orte der Innovation, der Gemeinwohlökonomie, der Selbstorganisation. Stattdessen: Ausbau der Infrastruktur, ein bisschen Digitalisierung und das gute alte Versprechen, dass alles so bleiben kann, wie es ist. Kann es aber nicht.


Ehrenamt im Wartestand

Das Ehrenamt wird im Vertrag erfreulich oft erwähnt. Der „Zukunftspakt Ehrenamt“ soll Entlastung bringen, steuerliche Verbesserungen sind geplant, der Schutz vor Angriffen wird ausgebaut. Richtig und wichtig. Aber auch hier fehlt die konsequente Weiterentwicklung.

Es braucht mehr als Erleichterungen und Anerkennung. Es braucht Raum, Zeit und neue Formen der Beteiligung. Engagement passiert längst nicht mehr nur im Verein oder Feuerwehrhaus – aber genau dort endet oft das politische Verständnis von Ehrenamt.

Wenn wir Menschen ernst nehmen wollen, die sich engagieren wollen, dann müssen wir ihnen auch neue Möglichkeiten geben. Digitale Tools, hybride Formate, bezahlte Freistellungen – all das bleibt im Vertrag maximal Randnotiz.


Arbeit ohne Wandel

Das größte Versäumnis aber: Coworking, mobiles Arbeiten, neue Arbeitsorte – all das kommt im Koalitionsvertrag schlicht nicht vor.

Dabei erleben wir gerade, wie sich Arbeit fundamental verändert. Menschen arbeiten dezentral, hybrid, projektorientiert – und suchen nach Infrastruktur, die das möglich macht. Gerade im ländlichen Raum. Dass Coworking nicht einmal erwähnt wird, ist bezeichnend. Es zeigt, dass dieses Thema politisch noch nicht angekommen ist – obwohl es längst Teil einer wirtschaftlichen Realität ist, die jungen Familien, Selbstständigen, Remote-Arbeitenden oder Pendelvermeidern neue Perspektiven gibt. Und dabei ländliche Räume beleben könnte.


Kein Wille zu Reformen

Der Koalitionsvertrag 2025 liefert an vielen Stellen solide Verwaltungsarbeit. Aber wo Gestaltung gefragt wäre, bleibt er mutlos. Das betrifft besonders die Themen, die Zukunft und Zusammenhalt zusammenbringen könnten: das Leben auf dem Land, das Engagement der Zivilgesellschaft und die Arbeit von morgen.

Man hat den Eindruck, als wolle diese Regierung Deutschland erneuern – aber bitte nicht zu sehr verändern. Es fehlt der klare Wille zu Reformen.