Fünf Lektionen nach einem Jahr Coworking in Guben
Gestern berichtete die Lausitzer Rundschau vom ersten Geburtstag des Coworking Spaces »K24 — Dein Ideenladen« aus Guben. Mit fünf Mitgliedern im ersten Jahr ist der Erfolg dann doch überschaubar. Das ist aber im Grunde in Ordnung. Schließlich haben von Größe (vier Arbeitsplätze) und Lage (Ort mit 20.000 Einwohnern) vergleichbare Coworking Spaces anfangs eine ähnliche Entwicklung genommen. Guben ist auch nicht Berlin.
Der Artikel von Daniel Schauff lässt vermuten, dass es aber ganz andere Erwartungen an das Coworking Space gab. Außerdem ist herauszulesen, dass das Projekt von Anfang an nicht auf viel Akzeptanz gestoßen ist. Mit etwas Recherche lassen sich auch viele Versäumnisse entdecken, die der Entwicklung des Projektes nicht gutgetan haben. Das ist bedauerlich, denn das »K24« hat(te) durchaus die Chance, als etwas Innovatives zu gelten.
Allein der Name war fast ein Politikum: „Co-working Space“. So richtig wollte das nicht nach Guben passen, befand vor ziemlich genau einem Jahr auch Bürgermeister Fred Mahro (CDU).
Daniel Schauff, redakteur der Lausitzer Rundschau
Die meisten Kommunalpolitiker:innen würden sich freuen, wenn jemand bei ihnen ein Coworking Space startet. Der Bürgermeister von Guben scheint sich aber schon an einem anglizistischen Fachbegriff gestört zu haben. Kein guter Start. Statt den Menschen zu vertrauen, dass sie sich mit dem Begriff Coworking vertraut machen, wurde ein etwas kryptischer Name gewählt. Nicht der einzige Fehler der Gubener Coworking-Initiative, weshalb ich hier fünf Ratschläge an Coworking-Gründer*innen teilen möchte:
1. Coworking erklären.
Es ist wichtig, dass erklärt wird, worum es beim Coworking geht und wie die Menschen es für sich nutzen können. Diese ›Übersetzungsarbeit‹ ist notwendig, damit Menschen sich über ihre Arbeitsbedingungen Gedanken machen. Als Energie sparendes und Konflikte meidendes Wesen, neigt der Mensch dazu, den Status Quo nur selten zu hinterfragen. Dies ist aber bei etwas Neuem und Unbekannten wie Coworking sehr wichtig.
Aus diesem Grund finde ich die im Artikel erwähnte Anmerkung von Kritikern, dass es bisher keine Nachfrage gab, irrelevant. Man muss bei etwas wie Coworking, gerade an mit dem Konzept noch nicht vertrauten Orten, erst ein Angebot schaffen, dass Nachfrage erzeugt. Hier gibt es noch keinen Markt und eine ein Produkt nachfragende Zielgruppe. Beides muss erst geschaffen werden und das braucht Zeit. Meiner Meinung sogar weit mehr als ein Jahr.
2. Sichtbar machen.
Der Mangel an Mut, eine bessere Begrifflichkeit als »K24 — Dein Ideenladen« gewählt zu haben, ist keine Katastrophe. Dass das Gubener Coworking-Angebot aber online nahezu unsichtbar ist, stellt ein echtes Problem dar. Das Coworking Space besitz keine eigene Webseite, sondern nur eine Unterseite der GuWo-Webseite. Auch gibt es in keinem einzigen sozialen Netzwerk ein Profil des Coworking Spaces. Nicht einmal auf Facebook.
Der für mich größte Fehler ist, dass es keinen Eintrag auf Google Maps gibt. Dieser Kartendienst von Google ist die vermutlich beste Coworking-Suchmaschine der Welt. Und die GuWo, die selbst einen ungepflegten Eintrag besitzt, hat weder zur Gründung noch zum ersten Geburtstag, dem eigenen Coworking Space einen Eintrag spendiert. Wie sollen Menschen das Coworking Space finden, wenn es online einfach gar nicht sichtbar ist?
3. Viel kommunizieren.
Durch das Fehlen der Profile in den sozialen Netzwerken, fehlt auch die Möglichkeit, über das Coworking Space zu berichten. Auf Instagram könnte das Coworking Space vorgestellt werden und Menschen einen Eindruck von den Räumlichkeiten bekommen. Auf Facebook und LinkedIn könnten die Mitglieder präsentiert werden, die die Community bilden. Dadurch lassen sich mögliche Synergien sichtbar machen. Dies alles findet nicht statt.
Beim Coworking geht es um das Miteinander, die Erfahrung sozialer Interaktion mit anderen Menschen. Erst wenn das passiert, entsteht der Serendipitätseffekt, die vermeintlich zufällige Entdeckung von etwas für einen Wertvollem. Dazu muss mir aber in Bildern und Geschichten auch der Eindruck vermittelt werden, dass sich andere Menschen in dem Coworking Space aufhalten. Dafür braucht es aber erst einmal überhaupt Kommunikation.
4. Konzept auch ändern.
Im Coworking kommen mir sechs Monate oft wie zwei Jahre in einem alten Job vor. Deshalb muss man das Konzept auch stets anpassen. Vor allem nach dem ersten Kontakt mit Mitgliedern, versteht man deren Bedürfnisse besser. Diese sollten man zwar schon vorab ermitteln, aber es kann vorkommen, dass Leute auch erst im Begtrieb mit eienm darüber reden. Deshalb muss das Konzept von Zeit zu Zeit auch verändert werden können.
In Guben gibt es nur vier Arbeitsplätze. Von einem Besprechungsraum für Meetings, den auch externe Kunden buchen können, lese ich nichts. Dabei wäre das ein Standard und ein oft schneller angenommenes Produkt. Der Preis von 200 Euro brutto im Monat ist hoch, vor allem im Vergleich mit Coworking Spaces in Frankfurt (Oder) und Cottbus. Mein Ratschlag wäre, dass Angebot, mit der gemachten Erfahrung und neuen Entwicklungen beim Thema mobiles Arbeiten, zu überarbeiten.
5. Sich helfen lassen.
Man muss das Rad nicht neu erfinden. Inzwischen gibt es einige Unternehmen, die zum Thema Coworking beraten. Wir vom St. Oberholz haben beispielsweise die Sparda-Bank bei der Gründung des Coworking Spaces »BLOK O« in Frankfurt (Oder), rund 50 Kilometer nördlich von Guben, beraten und betreiben es auch seit dem Start im Oktober 2018 für die Bank. Beratung ist teuer, aber wer sie sich leisten kann, bekommt professionelle Arbeit.
Finanziell preiswerter ist Unterstützung, dazu muss man sich nur selbst in Netzwerken engagieren, sie sich also verdienen. Eine Mitgliedschaft des »K24« in der German Coworking Federation (GCF) hätte die GuWo nur 250 Euro im Jahr gekostet. Dafür wäre sie Mitglied eines sich untereinander helfenden Netzwerks gewesen. Diese fünf Tipps hätte man dort schon vor einem Jahr bekommen können, wenn man nur nach Starthilfe gefragt hätte.