Meine Oma ist verstorben
Am Freitagmorgen ist meine Oma verstorben. Ich ahnte es bereits, als ich nach dem Aufwachen einen verpassten Anruf meines Opas auf dem Bildschirm des iPhones sah. Seit fast vier Jahren verlasse ich den Raum, wenn mein Opa mich anruft und suche mir eine ruhige Ecke, in der ich alleine bin. Meine Oma war schon lange sehr krank und mein Opa telefoniert nicht gerne mit seinem Handy, weshalb er mich nur selten damit anruft. Diesmal war es der Anruf, vor dem ich mich fürchtete. Meine Oma wurde 84 Jahre alt.
Zum ersten Mal ist jemand aus meiner Familie gestorben, der mir sehr nah war. Ich habe fast täglich mit meiner Oma geschrieben, ihr Fotos unserer Kinder geschickt und mehrfach die Woche mit ihr telefoniert. Als meine Frau das erste Mal schwanger war, lag meine Oma im Krankenhaus. Die Aussicht auf ein Urenkelkind gab ihr sichtbar Kraft. Jedes Mal, wenn wir mit unserem ersten Kind zu Besuch waren, ging es ihr danach besser. Genauso wie bei unserem zweiten Kind, das Ende letzten Jahres zur Welt kam.
Sie liebte ihre beiden Urenkelkinder, wie sie mich als ihren Enkel geliebt hat — bedingungslos und von ganzem Herzen. Ich bin sehr froh darüber, dass sie unsere beiden Kinder noch kennenlernen durfte. Auch bin ich erleichtert, dass ihre Qualen vorbei sind. Und doch vermisse ich sie schon jetzt. Sie fehlt mir und ich kann es immer noch nicht fassen, dass sie nicht mehr da ist, sich nicht mehr an den Fotos unserer Kinder erfreut und nicht für die beiden da sein kann, wie sie es mein ganzes Leben für mich war.
Zu Trauern ist seltsam. Mir geht es gut, solange mich niemand fragt, wie es mir geht. Als wir meinen Opa besuchten, habe ich kein Wort herausbekommen. Meine Stimme verschwand, wenn ich etwas sagen wollte. Ich konnte nur meine Kinder im Arm halten, sie an mich drücken und für sie da sein. Beide sind zu jung, um mitzubekommen, was passiert ist. Für sie ist jeder Tag seit Freitag wie immer. Das hilft mir und meiner Frau, der meine Oma auch sehr viel bedeutet hat, wie sie auch ihr, stabil zu bleiben.
Meine Oma war die Beste. Sie fehlt mir über alles.