Mobilitäts(funk)loch
Die Debatten um den ländlichen Raum drehen sich richtigerweise immer öfters um die Lebensbedingungen vor Ort. Zwangsläufig führt das auch zum Thema Mobilität und der Frage, wie selbstbestimmt man sich im ländlichen Raum bewegen kann. Vor allem dort, wo es keinen öffentlichen Nahverkehr mehr gibt.
Konzepte wie Carsharing werden diskutiert und in Pilotprojekten erprobt. Einen Anbieter für den ländlichen Raum gibt es noch nicht. Doch ein Osterspaziergang der anderen Art zeigte mir, dass das fehlende Angebot nicht das größte Problem ist. Denn was nützt einem ein Auto, wenn dieses gar nicht erreichbar ist?
Ostersonntag, 4. April 2021
Am Ostersonntag mietete meine Frau ein Auto über eine Carsharing-App. Wir wollten für einen Spaziergang mit unserem Kind in den Blumenthal-Wald fahren. Dort soll es wenig Menschen, aber viele Geschichten geben. Der Ausflug versprach etwas Ablenkung von unserem reduzierten Berliner Alltag.
Nach einer Dreiviertelstunde erreichten wir eine Parkbucht in der Nähe des Gamensees. Wir stiegen aus, packten unsere Taschen und wollten uns auf den Weg in den Wald machen. Doch das Auto ließ sich nicht mit der App verriegeln. Diese funktionierte nicht, da wir dort draußen keinen Mobilfunkempfang hatten.
Wir waren kurz irritiert, entschieden aber weiterzufahren und in der Nähe der Stadtstelle zu parken. Vermutlich würden wir da Empfang haben und die App sich bedienen lassen. Doch da das Auto eine Weile unabgeschlossen stand, setzte eine Motorsperre ein, die sich ohne die App nicht entriegeln ließ.
Wir waren auf einmal gestrandet und ein seltsames Gefühl setzte bei uns beiden ein. Um keine Zeit zu verlieren, entschied ich, dass ich in den nächsten Ort laufen würde, um von dort den Service des Carsharing-Anbieters anzurufen. Meine Frau sollte so lange mit unserem Kind sicher an der Parkbucht warten.
Als ich los ging, kam ein Wanderpaar vorbei. Ich fragte, ob sie vielleicht Empfang hätten, was sie verneinten. Ich erklärte ihnen unsere Situation und sie rieten mir dazu, lieber zum Gamensee zu laufen. Dieser w#re näher als der nächste Ort und dort würde es auch Mobilfunkempfang geben. Im nächsten Ort wohl nicht.
Der See war nur rund zehn Fußminuten entfernt, allerdings brauchte ich weitere 20 Minuten, bevor ich mein Smartphone zumindest für ein Telefonat nutzen konnte. Ich rief den Service an und erklärte die Situation. Dort wollte man mir zuerst nicht helfen, da meine Frau das Auto mit ihrem Profil gebucht hatte.
Zuerst blieb die Frau vom Service bei ihrer Position. Dass ich die Position des Autos beschreiben konnte, das sie wohl in ihrem System sah, und ich sämtliche Informationen meiner Frau kannte, die sie in ihrem Profil angegeben hatte, nützte nichts. Ich war nicht der Nutzer, mir konnte man wohl nicht helfen.
Ich erklärte noch einmal die Situation und das es sehr viel Aufwand wäre, eine halbe Stunde zurückzulaufen, um meine Frau abzulösen, damit sie wiederum eine halbe Stunde später am gleichen Ort ihr Glück versuchen kann, mit ihrem meist schlechteren Mobilfunkanbieter Empfang zu bekommen, um anzurufen.
Nun war man dankenswerterweise zu einer Ausnahme bereit und schaltete das Auto frei. Meine Frau sollte aber anrufen, sobald wir im nächsten Ort wären und Empfang hätten. Ich lief zurück zum Auto, entlang des sehr schönen Westufers des Garmansees. Als ich am Auto ankam, ließ sich dieses öffnen und starten.
Der Schreck dauerte nur rund eine Stunde. Wir fuhren zum Marktplatz in Werneuchen, damit meine Frau mit dem Service telefonieren und der offene Fall geschlossen werden konnte. Damit war alles geregelt und wir gingen zumindest mit unserem Kind durch den beschaulichen Ort Werneuchen spazieren.