Pop-up-Parteitage

Traditionen, Herkunft, Milieus – all das verliert als politische Orientierung zunehmend an Bedeutung. Menschen wählen heute nicht mehr automatisch, sondern bewusst. Parteien müssen sich Vertrauen bei jeder Wahl neu erarbeiten. Für uns Bündnisgrüne in Sachsen-Anhalt ist das kein neues Phänomen, sondern tägliche Realität. Wir kämpfen bei jeder Wahl um Sichtbarkeit, Relevanz – und um die Fünf-Prozent-Hürde.

Doch genau darin liegt unsere stille Stärke: Wir sind nicht gefangen in alten Erwartungen. Während große Parteien unter dem Gewicht ihrer eigenen Vergangenheit ins Straucheln geraten, können wir mit Beweglichkeit und klarer Haltung auf die Herausforderungen der Gegenwart reagieren. Unsere Legitimation erwächst nicht aus Geschichte, sondern aus der Qualität unserer Antworten.

Die Gesellschaft verändert sich rasant. Bildung, Arbeit, Kommunikation – alles ist im Umbruch. Was es heute braucht, ist nicht ideologische Festigkeit, sondern eine Politik, die sich als relevanter Service versteht: ansprechbar, verlässlich, lösungsorientiert. Nicht woher man kommt, zählt – sondern wohin man gemeinsam will.

Darum dürfen wir nicht hoffen, „wegen der grünen Sache“ gewählt zu werden. Wir müssen jene erreichen, die sich heute politisieren, weil sie betroffen sind – vom Klimawandel, von Bildungsungleichheit, von Energiefragen. Unsere Aufgabe ist es, zuzuhören, mitzudenken und konkrete Angebote zu machen, die im Alltag der Menschen ankommen.

Politik sichtbar machen

Wenn klassische Parteiformate immer weniger Menschen erreichen – und ich kann das gut nachvollziehen – dann müssen wir neue Wege gehen, um wieder sichtbar zu werden. Zwei Landesparteitage im Jahr und Mitgliederversammlungen auf Kreisebene sind wichtig, reichen aber nicht aus. Sie bieten kaum Raum für echte Begegnung – weder innerhalb der Partei noch mit der Gesellschaft.

Darum schlage ich ein Format vor, das nicht auf Satzung und Formalia setzt, sondern auf Austausch und Präsenz: Pop-up-Parteitage. Keine Hotelräume, keine Rednerpulte, keine Tagesordnungsmarathons. Stattdessen ein offenes, thematisch fokussiertes Treffen – dort, wo Menschen sind. In Jugendclubs, Dorfgemeinschaftshäusern, leerstehenden Ladenlokalen oder direkt auf dem Marktplatz.

So wie Robert 2019 in Frankfurt (Oder): Rausgehen, zuhören, dazulernen

Wir bringen unsere Themen mit – und wir hören zu. Wir diskutieren, was Bildung auf dem Land braucht, wie Mobilität generationengerecht gestaltet werden kann, wie medizinische Versorgung verbessert oder die Energieversorgung erneuerbar gesichert wird. Nicht als Partei unter sich – sondern gemeinsam mit Bürgerinitiativen, Schüler*innen, Vereinen und Nachbar*innen.

Ich bin überzeugt: Politik wirkt am stärksten, wenn sie greifbar wird. Wenn sie rausgeht. Wenn sie zuhört. Wenn sie auf Augenhöhe stattfindet. Pop-up-Parteitage sind kein Event, sondern Ausdruck einer Haltung. Sie laden zur Begegnung ein. Sie schaffen Demokratieerfahrung. Und sie zeigen: Wir Bündnisgrüne meinen es ernst mit dem Dialog.

Ein Format mit Haltung

Viermal im Jahr könnten wir als Landesverband dorthin gehen, wo wir oft nur selten präsent sind: in die Altmark, ins Jerichower Land, in den Harz oder ins Burgenland. Immer mit einem konkreten Thema. Immer offen für alle. Immer mit dem Ziel, zuzuhören, zu lernen – und sichtbar zu sein.

Die Partei verliert dabei nichts – sie gewinnt: an Vertrauen, an Relevanz und an Menschen, die sich eingeladen fühlen, mitzumachen.

Wenn ich als Kandidat für den Landesvorsitz darüber nachdenke, wie wir als Bündnisgrüne in Sachsen-Anhalt zugänglicher und präsenter werden können, dann ist die Idee der Pop-up-Parteitage für mich mehr als ein Format – sie ist ein Versprechen. Ein Versprechen, rauszugehen. Ein Versprechen, zuzuhören. Ein Versprechen, Politik anders zu machen.

Und ich finde: Es ist an der Zeit, es einfach mal zu versuchen.