2022-04-07

Kommentar zum Wohnen in der Altmark

Willkommen in der Altmark!Willkommen in der Altmark!

Laut einem Bericht der Volksstimme vom 01.04.2022 war Lydia Hüskens, Ministerin für Infrastruktur des Landes Sachsen-Anhalt, zu Besuch in der Altmark und sprach unter anderem mit Bismarks Bürgermeisterin Annegret Schwarz über das Thema Wohnen und den Zuzug junger Familien.

Beide sprachen also über uns, denn wir sind ja eine junge, vierköpfige Familie, die erst vor fünf Wochen von Berlin-Friedrichshain in die schöne Hansestadt Stendal gezogen ist. Dem gingen rund zwei Jahre Wohnungssuche voraus, so dass wir einige Erfahrungen sammelten.

Wir suchten eine Wohnung mit 4-5 Zimmern zur Miete. Davon gibt es auch nicht viele Wohnungen in Stendal, aber wenn, dann sind sie zumindest noch bezahlbarer als in Berlin. Am Ende wurde es ein Haus mit fünf Zimmern zur Miete. Kaufen oder bauen waren für uns keine Optionen.

Ein Grund ist sicher das liebe Geld, aber viel wichtiger war meiner Frau und mir, flexibel und mobil zu bleiben. Wir wollten uns und unsere Existenz nicht an ein Objekt und einen Ort binden, den wir vielleicht wieder in ein paar Monaten oder Jahren schnell verlassen möchten.

Unser Haus in der Stendaler Altstadt.Unser Haus in der Stendaler Altstadt.

Fail fast, learn fast, heißt es doch. Wir waren und sind für ein Leben in Stendal bereit, aber das kann sich durch persönliche oder äußere Umstände auch ändern. Dann ist es sehr angenehm, nur einen Mietvertrag kündigen zu müssen und weiterziehen zu können. Move fast und so.

Diese Freiheit hat uns auch möglich gemacht, den Schritt nach Stendal zu wagen. Wenn ich aber lese, dass Bismarks Bürgermeisterin Annegret Schwarz sich Coaches wünscht, die jungen Familien bei der Sanierung von alten Häusern in den Innenstädten helfen sollen und die Ministerin meint, es braucht »kein Geld für den Bau von Mehrfamilienhäusern, sondern finanzielle Unterstützung für junge Menschen, die Wohnraum erwerben möchten«, fühlt sich das, nach meiner persönlichen Erfahrung, an den Realitäten vorbeigehend an.

Meines Erachtens braucht es gerade große Mietwohnungen, die es jungen Familien aus Großstädten ermöglichen (vor allem aus Berlin), möglichst niedrigschwellig den Schritt in die Kleinstadt zu wagen. Fördergelder sollten lieber für Umzugskosten oder auch Probewohnen-Projekte genutzt werden.

Berlin altert, denn gerade Familien wie wir ziehen weg. Das sieht man in der Statistik auch am Rückgang der unter 6-jährigen Kinder in Berlin. Eine Chance für die Altmark. Für diese Zielgruppe — Eltern ab 30 Jahre mit Kleinkindern — braucht es aber mehr Angebote, denn die fehlen hier einfach.

Der Leerstand an Wohnraum im Landkreis Stendal beträgt um die zwei Prozent, sprich es ist nichts mehr da. Aber, wie schon beschrieben, man wagt kaum den Schritt von Berlin in eine Region wie die Altmark ohne eine Fehlerkultur, die einem auch einen flexiblen Wegzug ermöglicht. Wer also prüft, ob er sich ewig — an die Altmark — bindet, wird am Ende wohl eher sagen, dann lieber nicht.

Statt also Eigenheim zu fördern oder junge Familien zu überreden, alte Häuser zu kaufen und zu sanieren, sollten lieber große Mietwohnungen geschaffen werden. Das ermöglicht ein Wohnen auf Probe und kann mehr junge Familien dazu bewegen, es zu versuchen. Ich möchte nicht von mir auf alle anderen schließen, das wäre auch falsch, aber wir wären nicht gekommen, wenn wir nicht hätten mieten können. Isso.


Update: Ministerin Lydia Hüskens hat mir auf Twitter geantwortet, dass ihre Aussage sich darauf bezog, »dass für die eine Investitionsform (Mehrfamilienhäuser) Förderung im sozialen Wohnungsbau gibt, für die andere nicht.« Dass ihre Aussage sich auf ein bestimmtes Thema bezog, habe ich dem Zeitungsartikel nicht entnommen. Aufgrund dieser neuen Information, möchte ich meinen Blogbeitrag nicht als Kritik an der Ministerin verstanden wissen, lasse ihn aber stehen, da meine Forderung nach mietbaren Wohnraum für Familien davon unberührt bleibt.


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