Kremkaus Blog

Ein Blog von Tobias Kremkau.

Foto: Waldemar via Unsplash  

Mitte April haben wir in der Hansestadt Stendal die Mitgliederversammlung unseres Kreisverbands Altmark abgehalten. Es war eine von mir vorbereitete Versammlung, rechtzeitig einberufen, mit einer dichten Tagesordnung und wichtigen Entscheidungen, wie der Wahl unserer Delegation für den bevorstehenden 52. Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Und dennoch: Es war eine Versammlung, die nicht allen Mitgliedern gleichermaßen offenstand.

Eines unserer Mitglieder, das auf einen Rollstuhl angewiesen ist, konnte nicht teilnehmen. Der gewählte Veranstaltungsort – das ehemalige Gertraudenhospital – war nicht barrierefrei. Zwar hatte ich im Vorfeld eine mobile Rollstuhlrampe organisiert, doch sie erwies sich am Ende als ungeeignet. Das Mitglied kam, sah die Gegebenheiten, entschied dann, dass eine Teilnahme ohne Weiteres nicht möglich sein würde – und fuhr wieder. Die Versammlung hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen. Wir verlegten sie daraufhin nach draußen, in der Hoffnung, diesem Mitglied doch noch die Teilnahme zu ermöglichen. Vergeblich.

Ich habe diesen Vorfall in den letzten Tagen oft durchdacht. Ja, ich habe frühzeitig versucht, einen geeigneten Raum zu finden – und unter Druck eine Entscheidung getroffen, um die satzungsgemäße Einladung zu gewährleisten. Ja, ich habe mich bemüht, eine Lösung zu finden. Und ja, ich finde auch, dass der anschließende Versuch des betroffenen Mitglieds, die Beschlussfähigkeit der Versammlung rechtlich infrage zu stellen, wenig konstruktiv war. Aber all das ändert nichts an einem einfachen, unbequemen Punkt: Ich habe es nicht geschafft, eine Mitgliederversammlung so zu organisieren, dass alle Mitglieder teilnehmen konnten. Das darf uns als Partei nicht passieren. Nicht, wenn wir es mit Teilhabe und Inklusion ernst meinen. Nicht, wenn wir uns zu einer barrierefreien Gesellschaft bekennen. Nicht, wenn wir Menschen einladen, sich einzubringen, und ihnen dann faktisch den Zugang verwehren.

Aus dieser Erfahrung heraus habe ich für den kommenden Landesparteitag einen Antrag eingereicht: Künftig sollen alle Landesparteitage und Mitgliederversammlungen der Kreisverbände ausschließlich an barrierefreien Orten stattfinden dürfen. Die Barrierefreiheit soll – neben der satzungsgemäßen Einladung und dem in einigen Satzungen vorgeschriebenen Quorum – eine verbindliche Voraussetzung für die Beschlussfähigkeit einer Versammlung sein.

Dieser Antrag ist keine Reaktion auf eine Auseinandersetzung, sondern ein Ausdruck von Verantwortung. Er soll helfen, solche Situationen künftig zu vermeiden – nicht durch Appelle, sondern durch klare Regeln. Denn Barrierefreiheit ist kein organisatorisches Detail. Sie ist ein Ausdruck unserer politischen Haltung.

Ich hoffe auf breite Unterstützung für diesen Antrag. Und ich wünsche mir, dass wir als Partei aus (meinen) Fehlern lernen – gemeinsam, ehrlich und mit dem Mut zur Veränderung.

Gestern hatte ich meine erste Vorstellungsrunde in einem Kreisverband – und war entsprechend gespannt, wie sie verlaufen würde. Auch wenn ich kein direktes Feedback erhalten habe, bin ich selbst mit einem positiven Gefühl aus dem Gespräch gegangen. Vor allem aber hat mir der Austausch geholfen, meinen eigenen Fokus in der Kandidatur noch klarer zu schärfen. Denn es sind nicht primär die politischen Positionen, die mich von anderen Bewerber*innen unterscheiden, sondern mein Verständnis von der Rolle des Landesvorsitzes – und den Aufgaben, die damit verbunden sind.

Mir geht es insbesondere darum, die Entwicklung kleiner Kreisverbände in den großen, ländlich geprägten Regionen unseres Bundeslands zu stärken. Ich bin überzeugt: Dafür braucht es mehr Orte der Begegnung, neue und niedrigschwellige Formate auch für Nicht-Mitglieder – sowie professionellere Prozesse und Werkzeuge in der Parteiarbeit.

Diese Punkte werde ich heute – diesmal in Präsenz und nicht via Zoom – auf der Mitgliederversammlung des Kreisverbands Magdeburg noch deutlicher ansprechen. Auch wenn dieser zu den mitgliederstarken, städtisch geprägten Verbänden zählt, halte ich es für essenziell, die Herausforderungen und Potenziale der ländlichen Räume gemeinsam in den Blick zu nehmen.

Die Bundestagswahl hat uns gezeigt: Gute Ergebnisse in den urbanen Zentren allein reichen nicht aus, um die Fünf-Prozent-Hürde sicher zu überwinden. Als Bündnisgrüne müssen wir auch in den ländlichen Regionen überzeugen – mit Präsenz, Glaubwürdigkeit und Strukturen, die nachhaltige politische Arbeit ermöglichen. Nur so gelingt uns eine stabile Verankerung im ganzen Land – und damit echte politische Wirksamkeit.

Traditionen, Herkunft, Milieus – all das verliert als politische Orientierung zunehmend an Bedeutung. Menschen wählen heute nicht mehr automatisch, sondern bewusst. Parteien müssen sich Vertrauen bei jeder Wahl neu erarbeiten. Für uns Bündnisgrüne in Sachsen-Anhalt ist das kein neues Phänomen, sondern tägliche Realität. Wir kämpfen bei jeder Wahl um Sichtbarkeit, Relevanz – und um die Fünf-Prozent-Hürde.

Doch genau darin liegt unsere stille Stärke: Wir sind nicht gefangen in alten Erwartungen. Während große Parteien unter dem Gewicht ihrer eigenen Vergangenheit ins Straucheln geraten, können wir mit Beweglichkeit und klarer Haltung auf die Herausforderungen der Gegenwart reagieren. Unsere Legitimation erwächst nicht aus Geschichte, sondern aus der Qualität unserer Antworten.

Die Gesellschaft verändert sich rasant. Bildung, Arbeit, Kommunikation – alles ist im Umbruch. Was es heute braucht, ist nicht ideologische Festigkeit, sondern eine Politik, die sich als relevanter Service versteht: ansprechbar, verlässlich, lösungsorientiert. Nicht woher man kommt, zählt – sondern wohin man gemeinsam will.

Darum dürfen wir nicht hoffen, „wegen der grünen Sache“ gewählt zu werden. Wir müssen jene erreichen, die sich heute politisieren, weil sie betroffen sind – vom Klimawandel, von Bildungsungleichheit, von Energiefragen. Unsere Aufgabe ist es, zuzuhören, mitzudenken und konkrete Angebote zu machen, die im Alltag der Menschen ankommen.

Politik sichtbar machen

Wenn klassische Parteiformate immer weniger Menschen erreichen – und ich kann das gut nachvollziehen – dann müssen wir neue Wege gehen, um wieder sichtbar zu werden. Zwei Landesparteitage im Jahr und Mitgliederversammlungen auf Kreisebene sind wichtig, reichen aber nicht aus. Sie bieten kaum Raum für echte Begegnung – weder innerhalb der Partei noch mit der Gesellschaft.

Darum schlage ich ein Format vor, das nicht auf Satzung und Formalia setzt, sondern auf Austausch und Präsenz: Pop-up-Parteitage. Keine Hotelräume, keine Rednerpulte, keine Tagesordnungsmarathons. Stattdessen ein offenes, thematisch fokussiertes Treffen – dort, wo Menschen sind. In Jugendclubs, Dorfgemeinschaftshäusern, leerstehenden Ladenlokalen oder direkt auf dem Marktplatz.

So wie Robert 2019 in Frankfurt (Oder): Rausgehen, zuhören, dazulernen

Wir bringen unsere Themen mit – und wir hören zu. Wir diskutieren, was Bildung auf dem Land braucht, wie Mobilität generationengerecht gestaltet werden kann, wie medizinische Versorgung verbessert oder die Energieversorgung erneuerbar gesichert wird. Nicht als Partei unter sich – sondern gemeinsam mit Bürgerinitiativen, Schüler*innen, Vereinen und Nachbar*innen.

Ich bin überzeugt: Politik wirkt am stärksten, wenn sie greifbar wird. Wenn sie rausgeht. Wenn sie zuhört. Wenn sie auf Augenhöhe stattfindet. Pop-up-Parteitage sind kein Event, sondern Ausdruck einer Haltung. Sie laden zur Begegnung ein. Sie schaffen Demokratieerfahrung. Und sie zeigen: Wir Bündnisgrüne meinen es ernst mit dem Dialog.

Ein Format mit Haltung

Viermal im Jahr könnten wir als Landesverband dorthin gehen, wo wir oft nur selten präsent sind: in die Altmark, ins Jerichower Land, in den Harz oder ins Burgenland. Immer mit einem konkreten Thema. Immer offen für alle. Immer mit dem Ziel, zuzuhören, zu lernen – und sichtbar zu sein.

Die Partei verliert dabei nichts – sie gewinnt: an Vertrauen, an Relevanz und an Menschen, die sich eingeladen fühlen, mitzumachen.

Wenn ich als Kandidat für den Landesvorsitz darüber nachdenke, wie wir als Bündnisgrüne in Sachsen-Anhalt zugänglicher und präsenter werden können, dann ist die Idee der Pop-up-Parteitage für mich mehr als ein Format – sie ist ein Versprechen. Ein Versprechen, rauszugehen. Ein Versprechen, zuzuhören. Ein Versprechen, Politik anders zu machen.

Und ich finde: Es ist an der Zeit, es einfach mal zu versuchen.

Auch eine Kandidatur für den Landesvorsitz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt braucht – im besten Sinne – eine Form des Wahlkampfs. Deshalb nutze ich die kommenden Wochen, um mich möglichst vielen Mitgliedern und Delegierten der bündnisgrünen Kreisverbände (KV) vorzustellen – persönlich vor Ort oder digital im Gespräch. Der direkte Austausch ist mir wichtig, denn ich möchte nicht nur mein Profil und meine Ideen präsentieren, sondern vor allem zuhören, lernen und gemeinsame Perspektiven entwickeln.

Folgende Termine mit Kreisverbänden konnten bereits vereinbart werden:

22.04. KV Anhalt-Bitterfeld, digital 23.04. KV Magdeburg, vor Ort 24.04. KV Salzlandkreis, digital 28.04. KV Burgenlandkreis, vor Ort 29.04. KV Mansfeld-Südharz, digital 05.05. KV Dessau-Rosslau, digital 07.05. KV Halle (Saale), vor Ort

Weitere Gespräche und Vorstellungsrunden sind angefragt, aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht final bestätigt. Ich freue mich auf alle Begegnungen und die Gelegenheit, mit euch ins Gespräch zu kommen.

Zwischen Versprechen und Versäumnis (Bild: KI-generiert)

Der neue Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist da – mit großem Anspruch und viel Pathos. „Verantwortung für Deutschland“ steht drüber. Was drinsteht, wirkt in Teilen pragmatisch, an anderen Stellen bemüht modern, und an einigen leider völlig aus der Zeit gefallen.

Gerade wenn man sich mit ländlichen Räumen, dem Ehrenamt und neuen Arbeitsformen wie Coworking beschäftigt, wird deutlich: Diese Koalition denkt vieles mit, aber sie denkt wenig konsequent zu Ende.


Ländliche Räume ohne Zukunftsbild

Ländliche Räume kommen im Vertrag vor – das ist erstmal gut. Gleichwertige Lebensverhältnisse, Strukturförderung, Modellprojekte für „Dörfer der Zukunft“ – alles wichtige Punkte. Aber: Es wirkt wie ein Wiederaufguss alter Programme mit neuen Etiketten. Viel Förderung, wenig Veränderungswille.

Es fehlt die Perspektive, was ländliche Räume in Zeiten des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels sein können: Orte der Innovation, der Gemeinwohlökonomie, der Selbstorganisation. Stattdessen: Ausbau der Infrastruktur, ein bisschen Digitalisierung und das gute alte Versprechen, dass alles so bleiben kann, wie es ist. Kann es aber nicht.


Ehrenamt im Wartestand

Das Ehrenamt wird im Vertrag erfreulich oft erwähnt. Der „Zukunftspakt Ehrenamt“ soll Entlastung bringen, steuerliche Verbesserungen sind geplant, der Schutz vor Angriffen wird ausgebaut. Richtig und wichtig. Aber auch hier fehlt die konsequente Weiterentwicklung.

Es braucht mehr als Erleichterungen und Anerkennung. Es braucht Raum, Zeit und neue Formen der Beteiligung. Engagement passiert längst nicht mehr nur im Verein oder Feuerwehrhaus – aber genau dort endet oft das politische Verständnis von Ehrenamt.

Wenn wir Menschen ernst nehmen wollen, die sich engagieren wollen, dann müssen wir ihnen auch neue Möglichkeiten geben. Digitale Tools, hybride Formate, bezahlte Freistellungen – all das bleibt im Vertrag maximal Randnotiz.


Arbeit ohne Wandel

Das größte Versäumnis aber: Coworking, mobiles Arbeiten, neue Arbeitsorte – all das kommt im Koalitionsvertrag schlicht nicht vor.

Dabei erleben wir gerade, wie sich Arbeit fundamental verändert. Menschen arbeiten dezentral, hybrid, projektorientiert – und suchen nach Infrastruktur, die das möglich macht. Gerade im ländlichen Raum. Dass Coworking nicht einmal erwähnt wird, ist bezeichnend. Es zeigt, dass dieses Thema politisch noch nicht angekommen ist – obwohl es längst Teil einer wirtschaftlichen Realität ist, die jungen Familien, Selbstständigen, Remote-Arbeitenden oder Pendelvermeidern neue Perspektiven gibt. Und dabei ländliche Räume beleben könnte.


Kein Wille zu Reformen

Der Koalitionsvertrag 2025 liefert an vielen Stellen solide Verwaltungsarbeit. Aber wo Gestaltung gefragt wäre, bleibt er mutlos. Das betrifft besonders die Themen, die Zukunft und Zusammenhalt zusammenbringen könnten: das Leben auf dem Land, das Engagement der Zivilgesellschaft und die Arbeit von morgen.

Man hat den Eindruck, als wolle diese Regierung Deutschland erneuern – aber bitte nicht zu sehr verändern. Es fehlt der klare Wille zu Reformen.

Die jüngste Forderung des CDU-Kreisverbands Harz, die sogenannte „Brandmauer“ zur rechtsextremen AfD aufzuheben, sendet ein zutiefst alarmierendes Signal in die politische Landschaft Sachsen-Anhalts. Mit diesem Vorstoß wird eine der wichtigsten parteipolitischen Grundsatzentscheidungen infrage gestellt: der Unvereinbarkeitsbeschluss von 2018, der die Zusammenarbeit sowohl mit der AfD als auch mit der Linkspartei klar ausschließt. Diese Forderung untergräbt zentrale demokratische Grundwerte und gefährdet die ohnehin fragile politische Stabilität unseres Bundeslandes.

Leider überrascht es kaum, dass diese Initiative ausgerechnet vom Harzer CDU-Kreisverband kommt, der schon häufiger durch Nähe zu rechten Positionen aufgefallen ist. Dennoch darf sich die CDU Sachsen-Anhalt nicht wegducken: Sie muss sich eindeutig und unverzüglich von diesen gefährlichen Forderungen distanzieren.

Ministerpräsident Reiner Haseloff hat in der Vergangenheit stets betont, dass es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD geben darf. Diese klare Abgrenzung ist keine taktische Spielerei, sondern eine existenzielle Frage der Integrität unserer demokratischen Institutionen. Die AfD vertritt Positionen, die mit den fundamentalen Werten unserer Demokratie unvereinbar sind. Der Versuch des CDU-Kreisverbands Harz, diese essenzielle Abgrenzung aufzuheben, ist daher nicht nur strategisch falsch – es ist auch ein Verrat an den Werten, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Nicht zuletzt schadet diese Haltung der CDU selbst massiv.

Bisherige Versuche der CDU, durch die Übernahme von AfD-Positionen Stimmen zurückzugewinnen, haben stets das Gegenteil bewirkt: Seit Friedrich Merz den Parteivorsitz der CDU übernommen hat, haben sich die Umfragewerte der AfD sogar verdoppelt. Eine direkte Zusammenarbeit mit der AfD auf Landes- oder Bundesebene würde ihre extremistischen Positionen zusätzlich legitimieren und dazu führen, dass rechtsextreme Gedanken gesellschaftlich salonfähig werden. Die Konsequenzen für Sachsen-Anhalt, dessen gesellschaftlicher Zusammenhalt bereits stark strapaziert ist, wären dramatisch.

Jetzt ist der Moment für die CDU gekommen, klare Kante gegen Rechts zu zeigen und sich ihrer demokratischen Verantwortung bewusst zu werden!

Wir Bündnisgrüne stehen aus tiefster Überzeugung für Demokratie, Vielfalt und Toleranz. Deshalb lehnen wir jede Zusammenarbeit mit Parteien ab, die diese Werte bekämpfen und untergraben. Gerade jetzt müssen alle demokratischen Kräfte gemeinsam und entschlossen gegen Rechtsextremismus eintreten und für eine offene, solidarische Gesellschaft kämpfen.

Wachsamkeit ist gefragt, ebenso wie ein aktives Verteidigen unserer Demokratie. Eine Zusammenarbeit mit der AfD kommt für uns Bündnisgrüne niemals infrage. Das ist das Mindeste, was ich von der CDU ebenfalls erwarte.

Vernetzen statt klicken, sprechen statt scrollen – auch mir würde weniger Handy-Zeit gut tun. 😉

Eine wirkungsvolle Kommunikationsstrategie zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt muss weit vor dem eigentlichen Wahlkampf beginnen und sich konsequent an den besonderen Bedingungen unseres Bundeslandes orientieren. In einem Flächenland, das von ländlichen Räumen geprägt ist, in dem die großen Städte Magdeburg und Halle (Saale) eher die Ausnahme als die Regel bilden, kommt es auf eine Strategie an, die Nähe und Verlässlichkeit vermittelt – nicht nur in Worten, sondern in Begegnungen, Haltungen und konkreten Angeboten. Für einen kleinen Landesverband wie den unseren stellt dies zweifellos eine Herausforderung dar – eine, der ich mich als Kandidat für den Landesvorsitz ganz bewusst und mit Überzeugung stelle.

Mitglieder als Botschafter*innen

Der Ausgangspunkt jeder Kommunikation muss deshalb ein gemeinsames Verständnis unserer politischen Haltung sein: Was bedeutet bündnisgrüne Politik für die Menschen in Sachsen-Anhalt, konkret in ihrem Alltag, in ihrer Region, auf ihrem Acker, in ihrem Klassenzimmer oder beim Blick aus ihrem Wohnzimmerfenster? Diese Fragen sollten wir nicht allein beantworten, sondern mit den Menschen ins Gespräch kommen. Es gilt, über Monate hinweg Vertrauen aufzubauen – durch Präsenz, durch Zuhören, durch die Bereitschaft, als glaubwürdige Partei auch unbequeme Themen aufzugreifen.

Dabei dürfen wir uns nicht auf die üblichen Wahlkampfmittel verlassen, sondern müssen Formate schaffen, die unserer Realität gerecht werden. In einer älter werdenden, oft digital wenig vernetzten Bevölkerung liegt eine große Chance: Die persönliche Ansprache, der direkte Kontakt vor Ort, das Gespräch auf dem Wochenmarkt oder im Vereinsheim haben mehr Gewicht als jeder noch so ausgefeilte Social-Media-Beitrag. Unsere Mitglieder sind keine Kampagnenmaschinen, aber sie sind glaubwürdige Botschafter*innen – wenn sie über Themen sprechen, die ihnen selbst wichtig sind und die sie authentisch vertreten können.

Zentrale Hilfe – Regionale Themen

Die Strategie muss deshalb früh ansetzen: mit Schulungen, die ermutigen, nicht überfordern. Mit Materialien, die verständlich, anwendbar und anschlussfähig sind. Mit Ideen, wie auch kleinere Kreisverbände oder einzelne Mitglieder mit wenig zeitlichen Ressourcen Wirkung entfalten können. Und mit einer Kommunikationskultur, die vom Landesverband ausgeht, aber immer das Ziel hat, regionale Stimmen zu stärken – nicht zu übertönen. Wir alle sind gefordert, die relevanten Themen vor Ort sensibel zu erkennen, mit lokalen Bündnispartnern zu schärfen und mit den Menschen offen zu besprechen.

Wenn wir als Partei in die Fläche wirken wollen, braucht es eine professionelle Kommunikation nach außen und ein ehrliches Miteinander nach innen. Nur wenn unsere Mitglieder sich als Teil eines lebendigen, verlässlichen Netzwerks fühlen, werden sie bereit sein, sich einzubringen. Nur wenn unsere Inhalte anschlussfähig sind an die Lebensrealität der Menschen, werden sie wahrgenommen. Und nur wenn wir frühzeitig beginnen, unsere Erzählung aufzubauen, werden wir zum Zeitpunkt der Wahl mehr sein als eine Stimme unter vielen – sondern ein Angebot, das Hoffnung, Vernunft und Haltung verbindet.

Wen soll man um Rat bitten, wenn niemand da ist? (Bild: KI-generiert)

Wer in einer ländlichen Region wie der Altmark lebt und politisch aktiv ist, kennt das Phänomen: Die drängendsten Herausforderungen entstehen oft nicht aus Mangel an Ideen oder Engagement, sondern schlicht am Fehlen von Menschen, die mit anpacken. Junge Leute verlassen nach der Schule ihre Heimat – um zu studieren, beruflich Fuß zu fassen oder einen anderen Lebensentwurf zu verfolgen. Zurück bleibt eine Lücke: fachlich, kulturell, manchmal auch emotional. Doch was wäre, wenn wir diese Lücke nicht als Verlust begreifen, sondern als Chance?

Während meiner beruflichen Stationen in Städten wie München, Brüssel und Berlin bin ich immer wieder auf Menschen aus Sachsen-Anhalt gestoßen, die sich dort mit beeindruckender fachlicher Tiefe und klarem gesellschaftlichen Kompass engagieren. Viele von ihnen haben den Kontakt zu ihrer Heimatregion nie ganz verloren. Immer wieder stellte ich mir die Frage: Wie ließe sich dieses Potenzial für die Entwicklung unseres Bundeslandes aktivieren – auch dann, wenn eine Rückkehr für diese Menschen keine Option ist? So entstand in meinem Kopf die Idee eines “Beirats der Weggezogenen”.

Diese Idee möchte ich am 8. April 2025 auf dem Forum für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen (SIGU) im bcc Berlin Congress Center vorstellen. Eine Veranstaltung, getragen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung – und der perfekte Ort, um einer so pragmatischen wie visionären Idee Gehör zu verschaffen. Ein “Beirat der Weggezogenen” klingt vielleicht ungewohnt – doch genau darin liegt sein Reiz. Denn viele, die gegangen sind, haben ihre Herkunft nicht vergessen. Sie tragen die Erinnerungen an ihre Kindheit, an Nachbarschaften, an Dorffeste noch immer in sich. Und sie sind oft bereit, sich zu engagieren – wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gibt.

Ein solcher Beirat muss kein bürokratisches Ungetüm sein. Er kann klein und unkompliziert starten – mit einem digitalen Heimattreffen, mit persönlichen Einladungen oder einem Aufruf über Social Media. Ziel ist es, Menschen mit biografischen Wurzeln in einer Gemeinde zu gewinnen, die heute in Berlin, München, Köln oder anderswo leben – und die bereit sind, ihre Erfahrungen, ihr Wissen und ihre Netzwerke zurück in die Region fließen zu lassen. Es geht nicht darum, dass sie zurückziehen. Es geht darum, dass sie mitdenken, mitwirken, mitgestalten. Mit Ideen, mit Kontakten, mit einem kritischen Blick von außen – und mit einer großen Portion Herzblut.

Ich denke zum Beispiel an die Bürgermeisterin einer kleinen Gemeinde, die gemeinsam mit einem Kulturverein ein digitales Heimattreffen organisiert. Ehemalige Bewohner*innen erzählen, was sie heute tun, und diskutieren mit, wie sich die Gemeinde weiterentwickeln könnte. Daraus wächst ein lockerer Beirat, der sich regelmäßig online austauscht, Projektideen unterstützt, Förderanträge begleitet oder sogar den Aufbau eines Coworking-Spaces im alten Pfarrhaus mit vorantreibt. Manche Mitglieder übernehmen Patenschaften für Jugendprojekte, andere vermitteln Kontakte zu Hochschulen oder Unternehmen. Der Effekt: Die Gemeinde erhält neue Impulse und Ressourcen – und die Weggezogenen spüren, dass ihre Perspektive zählt.

Ein Beirat der Weggezogenen ist ein Becken voller Serendipität. (Bild: KI-generiert)

Ich bin überzeugt: Der “Beirat der Weggezogenen” kann zu einem starken Hebel für regionale Resilienz und Identität werden. Gerade strukturschwache Regionen brauchen kreative Formen des Zusammenhalts, die über physische Nähe hinausgehen. Das Potenzial dafür liegt längst vor uns – in alten Schulfreundschaften, in E-Mail-Kontakten, in ehemaligen Jugendfeuerwehrmitgliedern. Es muss nur aktiviert werden, denn oft sind es gerade die losen Verbindungen, die eine Region in Bewegung setzen. Der erste Schritt ist dabei verblüffend einfach: eine Einladung aussprechen, Verbindung aufnehmen, gemeinsam Zukunft denken.

Französische Karte von Magdeburg um 1880

Der 1. April ist in der Geschichte Magdeburgs kein Tag für Scherze, sondern ein doppelter Meilenstein städtischer Entwicklung: 1886 wurde die Neustadt eingemeindet, ein Jahr später folgte Buckau. Zwei Orte mit eigener Geschichte, die heute zu den spannendsten Stadtteilen der Landeshauptstadt zählen.

Die Magdeburger Neustadt taucht schon 1209 als nova civitas – „neue Stadt“ – in historischen Quellen auf. Damals ging es um Macht, genauer gesagt um den Streit zwischen Kaiser Otto IV. und Erzbischof Albrecht I. Letzterer verlieh der Neustadt 1230 das Stadtrecht. Buckau ist sogar noch älter: Erste urkundliche Erwähnung im Jahr 937, ausgestellt von König Otto I. – allerdings blieb Buckau bis weit ins 19. Jahrhundert ein eher dörflich geprägter Ort. Erst 1859 wurde es offiziell zur Stadt.

Heute sind Neustadt und Buckau aus Magdeburg nicht mehr wegzudenken: Die Neustadt hat die jüngste Bevölkerung der Stadt, Buckau ist mit seiner Mischung aus Altbaucharme, Kunstszene und Elbnähe ein Paradebeispiel für urbane Transformation. Zwei Orte, zwei Geschichten – und ein gemeinsames Datum: 1. April. Kein Witz. Nur Stadtgeschichte.

Vor wenigen Tagen habe ich meine Bewerbung für den Landesvorsitz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt eingereicht. Die Motivation hinter meiner Kandidatur entspringt vor allem dem Wunsch, bestimmte Themen innerhalb unserer Partei anders und möglicherweise stärker zu fokussieren, als dies bislang der Fall war oder künftig sein könnte. Meine Bewerbung richtet sich dabei nicht als Kritik an den aktuellen Vorstand, sondern versteht sich vielmehr als offenes Angebot an die Mitglieder unseres Landesverbandes, alternative Schwerpunkte und Perspektiven im Vorstand zu setzen.

Die vergangenen zwei Jahre waren verständlicherweise stark von Wahlkämpfen geprägt, und mit der anstehenden Landtagswahl im nächsten Jahr steht bereits die nächste wichtige Herausforderung bevor. Mit Susan Sziborra-Seidlitz, die sich ebenfalls für den Landesvorsitz bewirbt und angekündigt hat, für Listenplatz 1 zu kandidieren, sehe ich die Wahlkampfkompetenz und -fokussierung innerhalb des Landesvorstands optimal repräsentiert. Meine Rolle als möglicher Co-Vorsitzender verstehe ich daher als eine sinnvolle Ergänzung zu Susans Kompetenzen.

Kreisverbände stärken

Ein besonderer Schwerpunkt meiner Arbeit wäre die gezielte Unterstützung und Entwicklung unserer Kreisverbände. Während wir in Städten wie Magdeburg und Halle (Saale) sowie im Harz in den letzten Jahren erfreulicherweise ein starkes Mitgliederwachstum und rege politische Aktivität verzeichnen konnten, sieht die Situation in den ländlichen Regionen Sachsen-Anhalts häufig anders aus. Ich habe persönlich miterlebt, wie der Kreisverband Altmark beinahe aufgelöst wurde, weil sich lange Zeit niemand mehr fand, um für Vorstandsämter zu kandidieren. Nur durch das kurzfristige Engagement meiner heutigen Co-Kreisvorsitzenden Jutta Meinerts und meiner Frau Kati konnte dies abgewendet werden.

Die Ursachen dafür lagen einerseits in einer zu geringen Präsenz des Kreisverbandes vor Ort und andererseits in einem pandemiebedingt weitgehenden Erliegen der Mitgliederaktivitäten. Seitdem wir den Vorstand übernommen haben, setzen wir deshalb gezielt auf Formate, die Begegnung, Austausch und Vernetzung ermöglichen. Gerade mit Blick auf neu eingetretene Mitglieder ist es essenziell, lebendige Gemeinschaften zu schaffen, um langfristig Mitglieder zu binden und aktives politisches Engagement zu fördern – besonders nach dem Ende der „Robert-Manie“.

Zusätzlich zu einem regelmäßigen Veranstaltungsangebot braucht es geeignete Orte für politisches Engagement und Begegnungen. Als Kreisverband verfügen wir bereits über ein Büro in der Hansestadt Salzwedel und sind aktuell Gäste im Wahlkreisbüro unserer Landtagsabgeordneten Dorothea Frederking in der Hansestadt Stendal. Demnächst beziehen wir ein eigenes, zentral gelegenes Büro direkt am Stendaler Marktplatz, um sichtbarer und leichter zugänglich zu sein. Diese Begegnungsorte sind Ressourcen, die wir als Landesverband insgesamt noch viel stärker nutzen und ausbauen müssen, denn einige Kreisverbände haben noch gar keine eigenen Räumlichkeiten.

Begegnungsorte schaffen

Diese Orte sind aber entscheidend, um unseren Mitgliedern, Bündnispartnern und auch der örtlichen Zivilgesellschaft einen echten Mehrwert zu bieten. Als Landesvorsitzender werde ich mich daher intensiv dafür einsetzen, dass jeder Kreisverband mindestens ein eigenes, gut erreichbares und zentral gelegenes Büro bekommt. Demokratie lebt schließlich nicht allein digital, sondern vor allem durch persönlichen Austausch und Begegnungen vor Ort. Dies ist eine wichtige Erkenntnis, die wir gerade in Ostdeutschland noch stärker beherzigen sollten.

Gerade in einer Zeit, in der sich digitale und analoge Lebenswelten gegenüberstehen, braucht es Räume für echte Begegnungen und aktives Engagement. Menschen suchen zunehmend nach konkreten Angeboten in ihren Gemeinden und entscheiden bewusst, wo und wie sie sich engagieren wollen. Für uns als Partei bedeutet dies, Kreisverbandsbüros bewusst zu Begegnungsräumen zu entwickeln – lebendige Orte des Austauschs, der Vernetzung und der politischen Gestaltung.

Wenn diese Orte zusätzlich durch regelmäßige Veranstaltungen belebt werden, schaffen wir natürliche Anreize, sie aktiv und regelmäßig zu besuchen. Als Landesvorsitzender möchte ich deshalb sicherstellen, dass wir nicht nur in digitale Reichweite, sondern ganz gezielt auch in unsere physische Infrastruktur investieren. So entsteht eine nachhaltige Grundlage, um unser politisches Engagement in ganz Sachsen-Anhalt zu stärken und zu verbreitern.

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